Dissertation Christoph Deckers

Flow (photo-)chemistry and online spectroscopy for synthesis and analysis of fine chemicals

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Wir gratulieren Christoph Deckers herzlich zur erfolgreichen Verteidigung seiner Dissertation zum Thema „Flow (Photo-)Chemistry and Online Spectroscopy for Synthesis and Analysis of Fine Chemicals“. In seiner Arbeit stellt Deckers neue Konzepte zur kontinuierlichen Herstellung von Feinchemikalien vor, die die Vorteile der Flow Chemistry und Mikroverfahrenstechnik nutzen.

Seine Arbeit ist in zwei wesentliche Abschnitte geteilt: Der erste Teil behandelt die Herstellung von substituierten Biphenylen und die Integrierung einer Online-Analytik in diesen Prozess. Im zweiten Teil dieser Arbeit wird die Automatisierung und Digitalisierung von kontinuierlichen Prozessen hin zu selbstlernenden Syntheseapparaturen behandelt.

Christoph Deckers ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Geschäftsbereich Chemie am Fraunhofer IMM. Die Verteidigung seiner Dissertation zum Thema „Flow (Photo-)Chemistry and Online Spectroscopy for Synthesis and Analysis of Fine Chemicals“ fand am 19. Dezember 2022 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz statt.

Abstract

© Fraunhofer IMM

In der Dissertation werden neue Konzepte zur kontinuierlichen Herstellung von Feinchemikalien vorgestellt, die die Vorteile der Flow Chemistry und Mikroverfahrenstechnik nutzen

Der erste Teil behandelt die Herstellung von substituierten Biphenylen und die Integrierung einer Online-Analytik in diesen Prozess. Während klassische Methoden auf übergangsmetallkatalysierte Kreuzkupplungen setzen, wird hier ein photochemischer Weg zur direkten C-H-Arylierung von Arenen mittels Diazoniumsalzen gewählt. Für die kontinuierliche Synthese erweisen sich die gebräuchlichen, aber unlöslichen Tetrafluoroborat-Salze jedoch als nicht geeignet, weshalb Diazoniumtrifluoroacetat-Salze eingeführt werden müssen. Die neue Syntheseroute, in der meta-(Trifluoromethyl)biphenyl als Benchmark-Molekül hergestellt wird, wird optimiert und mit literaturbekannten Konzepten verglichen. Dabei werden Umsatz und Selektivität erfolgreich erhöht, und mildere Bedingungen können angewendet werden.

Zwei verschiedene Reaktorkonzepte, der Fallfilm Mikroreaktor (FFMR) und der Kapillarphotoreaktor werden getestet. Beide Reaktoren eignen sich zur Prozessierung der Reaktion und erlauben die Integration von heterogenen Photokatalysatoren, wie zum Beispiel Titandioxid. Die photochemische Synthese der Benchmark-Verbindung im FFMR ist zunächst wenig effektiv und die Vorteile der Mikroverfahrenstechnik kommen noch nicht zum Tragen.

Daher wird der Prozess auf den Kapillarphotoreaktor übertragen, was längere Bestrahlungszeiten erlaubt. Mit Hilfe einer Mehrphasen-Pfropfenströmung ist es möglich, den festen Photokatalysator zu verwenden, und eine adäquate Anregung der photokatalytisch aktiven Spezies bei 455 nm ermöglicht die Synthese des Biphenyls.

Stetige Verbesserungen in der Herstellung der verwendeten Diazoniumverbindung und des Gesamtprozesses führen schließlich zu einem signifikanten Anstieg von Umsatz und Selektivität. Bestmögliche Ergebnisse werden erreicht, wenn die Diazoniumtrifluoroacetat-Salze in Gegenwart von zwei Äquivalenten Trifluoressigsäure hergestellt werden. Die anschließendene katalysatorfreie direkte C-H-Photoarylierung der Benzol-Derivate erfolgt dann auf Grund der Ausbildung von Charge-Transfer-Komplexen. Diese werden mittels UV-A Licht angeregt und Biphenyle entstehen. Die kontinuierliche Synthese von 13 verschiedenen Derivaten wird erfolgreich ausgeführt und mittels online 19F-NMR Spektroskopie quantifiziert, da die enthaltenen Fluorsubstituenten als Sonde agieren. Daher ist die eingesetzte NMR-Spektroskopie ein geeignetes Quantifizierungs-Tool, um die Synthese der gewünschten Feinchemikalien von industrieller Bedeutung im multi-Gramm Maßstab verlässlich zu überwachen.

Im zweiten Teil dieser Arbeit wird die Automatisierung und Digitalisierung von kontinuierlichen Prozessen hin zu selbstlernenden Syntheseapparaturen behandelt. Selbstständige Optimierung lässt sich durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz realisieren, wenn diese in eine offene und flexible Kontroll- und Analyseplattform integriert wird. Dafür muss die Software in der Lage sein, Daten und Informationen über den aktuellen Zustand des Prozesses von Sensoren und Prozessanalytik zu erhalten. Häufig kann zum Beispiel ein einzelnes Spektrometer einen komplexen Prozess nicht vollständig abdecken. Daher ist es umso wichtiger, das Verhalten des Prozesses genauestens zu verstehen, um dann die verschiedenen online-Spektrometer gezielt zu integrieren.

Daher wird eine (halb-)automatische Versuchsanlage, gesteuert durch eine selbstentwickelte Software, für die kontinuierliche zweistufige Herstellung von Z-Stilben entwickelt. In diesem Modellprozess entstehen zunächst die beiden Isomere durch eine Wittig-Reaktion. Nach einem Quench-Schritt wird Online-Spektroskopie (NMR, UV/VIS und IR) zur Analyse eingesetzt, um Umsatz und Ausbeute zu bestimmen. In der anschließenden Photoisomerisierung wird ein Sensibilisator hinzugefügt und das gewünschte Produkt bei Bestrahlung mit 455 nm hergestellt. Zur Überwachung dieser Isomerisierung wird ein nichtdispersiver IR-Sensor eingesetzt.

Die Software wird im halb-automatischen Modus betrieben, um ein schnelles Parameter-Screening (DoE) durchzuführen. Die Steuerung ist so entwickelt, dass sich ein vollständig automatisierter Selbstlern-Prozess jederzeit ermöglichen lässt, wenn künstliche Intelligenz mit integriert wird.

Tests der modularen Spektrometer-Module zeigen die Hürden bei der Integration von verlässlicher Online-Analytik auf. Nicht jedes Modul kann daher im frühen Stadium einer Prozessentwicklung erfolgreich integriert werden. Eine genaue Bestimmung des Hintergrundsignals ist von großer Bedeutung, um akkurate Ergebnisse zu erhalten.