In Sicherheit gebracht: Sensorplattform des Fraunhofer ICT-IMM verhilft zur Flucht

Pressemitteilung /

MAusKat-Gerät
© Fraunhofer ICT-IMM

Das Szenario ist leider nicht mehr abwegig: Terroranschläge in deutschen Städten werden aktuell mehr denn je gefürchtet. Wichtige Umschlagplätze wie zum Beispiel U-Bahn Stationen stellen ein Risiko dar. Was tun, wenn giftige Dämpfe oder Gase in einem unterirdischen Tunnelsystem auftreten? Fest im Menschen verankert ist der Wunsch „Schnell nach oben an die frische Luft“. In einer solchen Situation würde sich dieser Instinkt jedoch als tödlicher Fehler herausstellen. Denn in den meisten Fällen sind die instinktiven Fluchtwege auch gleichzeitig Strömungswege für Rauch oder andere gesundheitsschädliche Gase.

Solche Katastrophen lassen sich vermeiden, wenn die Fluchtwege im Vorfeld bekannt sind. Im BMBF-Projekt MAusKat* entwickelte das Fraunhofer ICT-IMM gemeinsam mit anderen Partnern ein Mess- und Analysesystem, mit dem die Ausbreitungswege von gasförmigen Gefahrstoffen auch in komplexen Gebäudestrukturen nachvollzogen werden können. So können Sicherheitskräfte die Flucht- und Rettungswege effizient planen und somit Katastrophen verhindern.

Sensorplattform erfasst SF6 und Klimadaten

Anwendungsmöglichkeiten gibt es viele. Seien es Terroranschläge auf U-Bahnsysteme, Flughäfen oder andere öffentliche Einrichtungen; Brände oder Unfälle in Industrieunternehmen. Die Planung von Fluchtwegen und die Aufstellung von Rettungsplänen ist ein komplexes Thema, das von mehreren Faktoren abhängt. Austretende Gase verhalten sich je nach Jahreszeit, Temperatur und Luftdruck anders. Unter diesen Umständen ist eine Planung ohne exakte und zuverlässige, kontinuierlich aktualisierte Daten wenig sinnvoll.

Doch wo die individuelle Erfassung und Kontrolle von Daten gefragt ist, setzt das Know-how des ICT-IMM ein. Das Herzstück des im Projekt MAusKat entwickelten Mess- und Analysesystems ist eine mobile und infrastrukturunabhängige Sensor- Plattform. In einer Testsituation kann diese über verschiedene Messpunkte in Gebäuden die Strömung, Ausbreitung und Konzentration eines sogenannten Tracergases, üblicherweise SF6, erfassen. Außerdem werden klimatologische Messgrößen wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck und Windgeschwindigkeit bzw. –richtung aufgezeichnet. Auf Basis der ermittelten Daten können in einer Simulation die Strömung und Konzentration berechnet und Gefahrenbereiche bzw. Fluchtwege innerhalb eines Bauwerks identifiziert werden.

So viele Anwendungsfelder wie Sensoren auf dem Markt

Das Fraunhofer ICT-IMM kann Systeme so entwickeln, das sie perfekt den Anforderungen des Kunden entsprechen, aber gleichzeitig so modular und flexibel aufgebaut sind, dass sie leicht an geänderte Bedingungen angepasst werden können. So ist ein Einsatz der Sensorplattform z. B. als Lecksuchgerät in allen Anwendungsgebieten von SF6 möglich. „In Trafostationen dient SF6 als Kühlmittel, aber auch bei Isolation von Hochspannungsleitungen oder AWACS Flugzeugen wird SF6 benutzt“, zählt Dr. Karin Potje-Kamloth auf. SF6 ist ein zwar farb- und geruchloses, ungiftiges und unbrennbares Gas, gilt jedoch als das stärkste bekannte Treibhausgas. „Als solches sollte es nicht in größeren Mengen austreten“, erklärt die Wissenschaftlerin des ICT-IMM.
Und dies ist nur ein Anwendungsbeispiel. Das offene System der Sensorplattform erlaubt es, jeden beliebigen Gassensor zu implementieren und die Ergebnisse manuell oder durch eine geeignete Prognosesoftware auszuwerten. Das ist es, was das Fraunhofer ICT-IMM zu einem individuellen und flexiblen Entwicklungsdienstleister für seine Kunden macht.

*BMBF-Projekt MAusKat, 13N11677